Sollten wir Hunde und Katzen vegan ernähren?

Manche haben bei dieser Frage direkt die Sorge, dass eine pflanzliche Haustiernernährung die Gesundheit ihres Haustiers gefährden könnte.

Gerade bei Katzen ist das in verschiedener Hinsicht kein einfaches Thema, und wir wollen selbstverständlich nur das Beste für unsere vierbeinigen Mitbewohner – aber wollen wir das nicht für alle? 

Schließlich können wir davon ausgehen, dass eben nicht nur “Schlachtabfälle”, die sonst im Müll landen würden, für Hunde- und Katzenfutter verwendet werden, sondern zu einem hohen Anteil, laut dieser Studie etwa 48% Tierisches, was auch üblicherweise für den menschlichen Verzehr verwendet wird und somit in direkter Nahrungsmittelkonkurrenz zu uns Menschen steht:

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So oder so, auch wenn das nicht der Fall wäre, würde die Verwendung der Reste die Ausbeutung anderer Tiere noch lukrativer machen, da Entsorgungskosten wegfallen und sogar zusätzlicher Gewinn entsteht. Laut derselben Studie führte die Verwendung für Futtermittel sogar dazu, dass in den USA im Jahr 2020 knapp 2 Milliarden, also 20% der landwirtschaftlich ausgebeuteten Landtiere zusätzlich gezüchtet wurden:

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Angesichts dieser zahlreichen Opfer, sollten man hier genau hinschauen und verantwortungsvoll abwägen. Also:

Wie hoch ist das Risiko wirklich? Was sagt die Studienlage?

Bisher findet man dazu einzelne klinische, Beobachtungs- und Umfrage-Studien und eine Meta-Analyse, die hier von Interesse sind. Die Untersuchungszeiträume bei diesen Studien liegen meistens irgendwo zwischen einigen Wochen bis wenige Jahre, also wirkliche Langzeitstudien fehlen leider bisher. 

Die in einzelnen Studien auftretende Beschwerden, vor allem bei Katzen, sind häufig auf schlechte Umsetzung (wie fehlende Anreicherung) zurückzuführen, wie z.B. in dieser Studie (Einblendung) von 1992, in denen Katzen über 6 Wochen mit vegetarischem Essen ernährt wurden, das eigentlich für den Menschen zusammengestellt wurde. Das hat natürlich zu einem Nährstoffmangel von z.B. Taurin geführt, was aber von den Studienautoren bewusst so in Kauf genommen bzw. sogar beabsichtigt war:

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In den Studien, die eine auf Bedarfsdeckung ausgerichtete pflanzenbasierte Ernährung von Hunden und Katzen untersuchten – also Studien, die eher dazu geeignet sind, die generelle Umsetzbarkeit zu beurteilen, gab es bei den meisten untersuchten Parametern kaum signifikante Veränderungen. Wie z.B. in dieser Diplomarbeit von 2014, in der neben Hunden auch 15 Katzen nach einer mehrjärigen veganen Ernährung auf einzelne Parameter und ihren allgemeinen Gesundheitszustand untersucht wurden:

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Und obwohl in der Arbeit darauf hingewiesen wird, dass es längere Studien mit weiteren Tests benötigt, kommt die Autorin zu dem Schluss, dass anhand der vorliegenden Ergebnisse nicht pauschal von einer veganen Hunde- oder Katzenernährung abgeraten werden kann.

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Aktuell gibt es zwar noch keine klinischen Fütterungsstudien mit Katzen, die den Anforderungen der FEDIAF oder AAFCO entsprechen würden, also den Organisationen, die die Standards für Heimtierfutter in den USA und Europa festlegen, und auch bei Hunden nur eine, die wir bereits im vergangenen Jahr vorgestellt haben, dennoch scheint es bisher im Gesamtbild für Hunde tendenziell mehr positive (als negative) Effekte, z.B. auf den BCS (body condition score) oder die Fellgesundheit zu geben, und für Katzen ein vorsichtig neutrales Bild. 

Auch die bekannteren Umfragestudien aus England deuten darauf hin, dass sowohl bei Hunden als auch bei den Katzen, die eine vegane Ernährung akzeptierten, die positiven Effekte auf die untersuchten Gesundheitsfaktoren im Schnitt überwogen. Auch wenn hier nicht sichergestellt wurde, dass die Katzen nicht auch jagen konnten und durch nicht-pflanzliche Snacks einen gewissen Anteil Tierisches bekamen, verschiedene Biases vorliegen dürften (z.B. survivor und selection) und möglicherweise eine allgemein sorgfältigere Betreuung, so sind diese Studien doch ein guter Indikator für eine prinzipielle Umsetzbarkeit.

Damit lässt sich festhalten, dass wir primär Unsicherheit bezüglich der langfristigen Effekte einer veganen Ernährung haben, v.a. bei Katzen, dafür mittelfristig tendenziell neutrale bis positive Effekte im Vergleich zur durchschnittlichen Haustierernährung, wenn die vegane Ernährung gewissenhaft umgesetzt und auf Anreicherung geachtet wird. Eine starke Empfehlung für die vegane Haustierernährung ergibt sich daraus noch nicht, mindestens genauso wenig aber eine starke Position dagegen.

Was passiert jetzt aber, wenn wir die Interessen derjenigen berücksichtigen, die ebenfalls von diesen Entscheidungen betroffen sind? Nämlich die der anderen Tiere: der Rinder, Hühner, Puten, Fische, Schweine, Rehe usw., die ggf. im Hunde- und Katzenfutter landen? Sie leben großteils unter furchtbaren Bedingungen und werden bereits sehr jung gewaltsam getötet. Auf dieser Seite haben wir im Fall von konventionellem fleisch-basierten Futter also wahrscheinlich ein leidvolles Leben und mit Sicherheit die Tötung eines Tieres.

Auf der anderen Seite haben wir eine etwas höhere Sicherheit bezüglich der Bedarfsdeckung, Verträglichkeit und Akzeptanz, jedoch laut einzelnen Studien auch ein potenzielles Risiko, dass es sogar gesundheitliche Nachteile ggü. einer veganen Ernährung geben könnte. Wie schwer wiegt vor diesem Hintergrund diese Sicherheit im Vergleich zu dem Lebensinteresse der anderen Tiere? Würden wir beispielsweise eins unserer Haustiere töten und einem anderen verfüttern, nur um diese zusätzliche Sicherheit zu haben? Oder würden wir vielmehr die veganen Alternativen bestmöglich ausschöpfen?

Solange es also keine klare Indikation gibt, warum dein Hund oder deine Katze auf keinen Fall pflanzenbasiertes Futter bekommen sollte, erscheint es aus ethischen Gesichtspunkten geboten, zu versuchen, ihn oder sie auf eine vegane Ernährung umzustellen, insofern auf die Bedarfsdeckung geachtet wird, und die Akzeptanz und Verträglichkeit des Futters gegeben sind. Es gibt auch zunehmend Tierärzte, die solche Umstellungen begleiten und beratend zur Seite stehen können.

Quellen

1. Knight A (2023) The relative benefits for environmental sustainability of vegan diets for dogs, cats and people. PLoS ONE 18(10): e0291791. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0291791 

2. Leon, A.; Bain, S.A.; Levick, W.R. Hypokalaemic episodic polymyopathy in cats fed a vegetarian diet. Aust. Vet. J. 1992, 69, 249–254. https://doi.org/10.1111/j.1751-0813.1992.tb09872.x 

3. Semp P (2014) VEGAN NUTRITION OF DOGS AND CATS. Diplomarbeit. Department für Nutztiere und öffentliches Gesundheitswesen in der Veterinärmedizin. Veterinärmedizinische Universität Wien.

4. Knight et al. (2024) Vegan versus meat-based dog food: Guardian-reported health outcomes in 2,536 dogs, after controlling for canine demographic factors, Heliyon, Volume 10, Issue 17, 2024, e35578, https://doi.org/10.1016/j.heliyon.2024.e35578

5. Knight A, Bauer A, Brown H (2023) Vegan versus meat-based cat food: Guardian-reported health outcomes in 1,369 cats, after controlling for feline demographic factors. PLoS ONE 18(9): e0284132. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0284132